Bozen – Es könnte sein, dass in Italiens Häfen die Schiffe für die nächste Zeit brachliegen. Es stimmt aber auch, dass Delfine in den italienischen Häfen gesichtet wurden und Fische wieder in Venedigs Kanälen schwimmen.
Einerseits fühlen sich Menschen in ihren Häusern und Wohnungen eingesperrt, andererseits erleben Familien womöglich ein Gemeinschaftsgefühl, das sie vorher noch nicht kannten. Die Schließung von Kindergärten und Schulen stellt viele Eltern vor organisatorische Herausforderungen. Doch viele Kinder bekommen vermutlich seit langem die Chance, selbst kreativer zu werden und selbstbestimmter zu handeln.
Die Einschränkung des Flugverkehrs bedeutet für viele eine Einschränkung der persönlichen Freiheit und im Beruf. Umwelt und Klima werden jedoch sicher aufatmen.
Es könnte sein, dass unsere Wirtschaft ungeheuren Schaden erleidet, doch vielleicht hinterfragen wir auch unsere Idee von ständigem Wachstum und erkennen, dass uns die Konsumgesellschaft zu Marionetten macht.
Vielleicht wird es Zeit zu spüren, wie wenig wir eigentlich tatsächlich brauchen. Vielleicht ist die Krise auch eine Chance. Alles hat eben zwei Seiten.
Von: mk
https://www.suedtirolnews.it/chronik/die-zwei-seiten-der-medaille
"Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen."
Diese Worte schreibt Dietrich Bonhoeffer 1944 aus dem Gefängnis. Man kann sie niemandem zusprechen - das wäre zynisch - aber trotzdem können sie in einer Notlage helfen und trösten. Ich möchte den Urheber des Textes nicht mit Dietrich Bonhoeffer und unsere Lage nicht mit seiner vergleichen, aber ich denke, so kann man diesen Text verstehen: nicht als Aufforderung an die Kranken und Trauernden, ihre Notlage "schönzureden", sondern als Ermutigung für mich selbst, damit ich die Hoffnung nicht verliere, und als den Appell, manches von unseren Gewohnheiten zu überdenken.
Ruth Eckhardt